Es ist nicht üblich, Wilhelm von Humboldt unter die Philosophen zu rechnen. Erst in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten seit der linguistischen Wende der Philosophie erfuhr er die Aufmerksamkeit, die ihm aufgrund seines außergewöhnlichen Denkweges gebührt. Seither verbindet sich das philosophische Interesse an seinen Schriften mit dem sprachwissenschaftlichen. Angesichts dieser glücklichen Konstellation erscheint der Versuch einer neuen Gesamtdarstellung des Humboldtschen Werkes wünschenswert. Nach der Beschreibung des Lebensweges werden zunächst die politische Theorie des jungen Privatgelehrten, die politische Praxis des preußischen Staatsmannes und die Geschichtsphilosophie des 'Weisen von Tegel' vorgestellt. Sodann folgt, erstmals in detaillierter Form, ein Nachweis der naturphilosophischen Wurzeln des Humboldtschen Denkens (Leibniz, Kant, Herder) und schließlich, nach einer Diskussion der 'Ästhetischen Versuche', die systematische Darstellung seiner eigenständigsten Leistung, der an Tiefe und Weite seither nicht wieder erreichten 'Allgemeinen Sprachkunde'. So ist eine biographisch und philosophisch neu komponierte "Charakteristik" Humboldts entstanden, die überzeugend die Bedeutung seines Denkens für uns heute deutlich macht.
Es ist nicht üblich, Wilhelm von Humboldt unter die Philosophen zu rechnen.
Erst in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten seit der linguistischen
Wende der Philosophie erfuhr er die Aufmerksamkeit, die ihm aufgrund seines
außergewöhnlichen Denkweges gebührt. Seither verbindet sich das philosophische
Interesse an seinen Schriften mit dem sprachwissenschaftlichen. Angesichts
dieser glücklichen Konstellation erscheint der Versuch einer neuen Gesamtdarstellung
des Humboldtschen Werkes wünschenswert. Nach der Beschreibung des Lebensweges
werden zunächst die politische Theorie des jungen Privatgelehrten, die
politische Praxis des preußischen Staatsmannes und die Geschichtsphilosophie
des 'Weisen von Tegel' vorgestellt. Sodann folgt, erstmals in detaillierter
Form, ein Nachweis der naturphilosophischen Wurzeln des Humboldtschen Denkens
(Leibniz, Kant, Herder) und schließlich, nach einer Diskussion der 'Ästhetischen
Versuche', die systematische Darstellung seiner eigenständigsten Leistung,
der an Tiefe und Weite seither nicht wieder erreichten 'Allgemeinen Sprachkunde'.
So ist eine biographisch und philosophisch neu komponierte "Charakteristik"
Humboldts entstanden, die überzeugend die Bedeutung seines Denkens für
uns heute deutlich macht. "Auch soll der Staat nicht gerade die Juden zu
achten lehren, aber die inhumane und vorurteilsvolle Denkungsart soll er
aufgeben, die einen Menschen nicht nach seinen eigentümlichen Eigenschaften,
sondern nach seiner Abstammung und Religion beurteilt und ihn, gegen allen
wahren Begriff von Menschenwürde, nicht wie ein Individuum, sondern wie
zu einer Race gehörig und gewisse Eigenschaften gleichsam notwendig mit
ihr teilend ansieht. Dies aber kann der Staat nur, in dem er laut und deutlich
erklärt, daß er keinen Unterschied zwischen Juden und Christen mehr anerkennt."
Wilhelm von Humboldt.